Zwischen Liebesheirat und Vernunftehe
Die Kirchengemeinden Rolfshagen und Kathrinhagen fusionieren am 1. Januar zu einer Gemeinde
Von Frank Westermann
Rolfshagen/Kathrinhagen. Pastor Frank Waterstraat, um 2000 herum Seelsorger in Rolfshagen, nennt es den Kampf zwischen Hirn und Geist, zwischen Kopf und Herz: Vor acht Jahren wurden die ersten Schritte in dem Projekt unternommen, das im nächsten Monat Realität wird: Die beiden bisher nur verbundenen Pfarrämter werden offiziell zur Kirchengemeinde Kathrinhagen/Rolfshagen zusammengelegt.
In einem derartigen Prozess, so Waterstraat, der ja in vielen Bereichen der Gesellschaft völlige Normalität sei, müsse auf einer sachlich-fachlich und auf einer menschlichen Ebene zusammengeführt werden, was nicht unbedingt zusammen wolle: Schließlich habe ja jede Kirchengemeinde ihre Kirche, ihre gewachsenen Strukturen und nicht zuletzt auch ihren Pastor.
Aber seit 2000, so erklärt Angelika Held als Vorsitzende des Kirchenvorstandes Rolfshagen, habe man gelernt, mit der Situation umzugehen, dass jede Gemeinde jeweils nur noch eine halbe Pastorenstelle hat. „Wir sind alle ein Stück zusammengerückt und haben aus der Not eine Tugend gemacht“, formuliert es Held im aktuellen Gemeindebrief.
Für die Fusion gebe es durchaus gravierende Gründe, so Held weiter. Verwaltungstätigkeiten würde leichter, außerdem könnte die Position im Kirchenkreis gestärkt werden: Durch die Fusion steige die Zahl der Mitglieder auf 2450. In der Praxis habe man in den vergangenen Jahren erlebt, dass die Mitarbeiter voneinander profitiert haben – es sei besser, die Kräfte zu bündeln, als alles doppelt planen zu müssen.
Superintendent Andreas Kühne-Glaser begrüßt angesichts der finanziellen Lage der Kirche naturgemäß die Fusion, sieht aber noch Spielraum. So werde in den nächsten zwei, drei Jahren in Hattendorf eine halbe Stelle wohl gestrichen werden; er könne sich gut vorstellen, dass ein gemeinsames Pfarramt für Hattendorf undKathrinhagen/Rolfshagen ein „Zwischenschritt“ für eine gemeinsame Auetaler Kirchengemeinde darstellen könnte.
Möglich sei langfristig auch diese Stellenplanung: anderthalb Stellen in Obernkirchen, eine in Rolfshagen, und eine halbe in Hattendorf. „Wo hat Kooperation für die gesamte Region Sinn?“ – das sei eine der zentralen Fragen, die es zu beantworten gelte, sagt Kühne-Glaser. Allerdings seien die Signale aus Hattendorf auch eindeutig: Dort will man einen Pastor behalten – und zwar möglichst auf ganzer Stelle.
Kühne-Glaser spricht von einem Spagat zwischen Obernkirchen, Kathrinhagen/Rolfshagen sowie Hattendorf, die gemeinsam die Kirchenregion Obernkirchen/Auetal bilden, von Chancen Kirchenvorsteherin Held. Eines der größten Probleme bei der Fusion der beiden Pfarrgemeinden sei anfangs die Angst gewesen, bei der Zusammenarbeit „die Identität zu verlieren“. Eine Angst, die sich sehr schnell gelegt habe, weil sich gezeigt habe, dass jeder als Bereicherung empfunden wurde – „jeder gehörte dazu“. In der Praxis habe die Zusammenarbeit recht schnell sehr gut funktioniert, nur die Menschen der Gemeinde, die mitzunehmen, das habe etwas länger gedauert.
Auch die Zusammenarbeit mit Obernkirchen soll daher in kleinen Schritten intensiviert werden. Jetzt ist geplant, gemeinsam einen Gemeindebrief herauszubringen – als sichtbares Zeichen, dass etwas zusammenwächst, was künftig auch zusammengehört.
Richtigen Ärger, so erinnert sich Dr. Peter Neumann als damaliger Superintendent, habe es nur einmal gegeben: Ganz am Anfang, als die Kathrinhäger erfahren haben, dass ihre ganze Pfarrstelle wegfallen wird: „Da wurde schon richtig gekämpft.“ Was Neumann durchaus gefallen hat: „Mir ist es viel lieber, die Menschen kämpfen um etwas, was ihnen lieb und teuer ist, als dass sie es einfach hinnehmen. Das lässt dann auf Gleichgültigkeit schließen – und das wiederum wäre schlimm für die Kirche.“ Beiden Kirchenvorständen stellt er rückblickend ein gutes Zeugnis aus. Als man eingesehen habe, es geht nicht anders, habe man sich zusammengerauft und zusammengesetzt: „Das war aller Ehren wert.“ Die Zusammenarbeit habe nicht über Nacht geklappt, aber sie habe „in schöner Weise“ dann funktioniert: „Das war eine runde Geschichte.“ Neumann geht davon aus, dass die neue Kirchengemeinde in dieser Größe für lange Zeit „überlebensfähig“ sein wird.
Für die künftige Kirchengemeinde Kathrinhagen/Rolfshagen sieht Angelika Held nur Chancen. So seien in der Katharinen-Kirche mit ihrer besonderen Atmosphäre ganz andere Gottesdienste oder Veranstaltungen möglich als in der eher nüchternen Christus-Kirche Rolfshagen. Ähnlich sei es auch bei den beiden Gemeindehäusern: Rolfshagen biete Raum für andere und auch größere Veranstaltungen. Held: „Es ist eine schöne Bereicherung, so unterschiedliche Gebäude für ein aktives Gemeindeleben zur Verfügung zu haben.“ Alle diese Gründe hätten dazu geführt, dass die beiden Kirchenvorstände einstimmig den Fusions-Beschluss gefällt haben.
Gefeiert werden soll die „Hochzeit“ am Sonntag, 1. Februar, in der Christus-Kirche in Rolfshagen. Dort ist einfach mehr Platz als in der Katharinenkirche.
© Schaumburger Zeitung, 05.12.2008
Dezember 9th, 2008 at 8:36
Schade, das in dem kompletten Bericht unsere Pastorin Dr. Heike Köhler nicht zu Wort kommt, die einen nicht unerheblichen Anteil an diesem Zusammenschluss hat!